Leben ist kostbar

Warum erkennen wir, dass Leben kostbar ist, oft erst in der Konfrontation mit dem Lebensende? Warum nehmen wir vieles für absolut selbstverständlich? Gesundheit, Frieden, materielle Sicherheit, ein Leben in Freiheit, alles Gott gegeben, so meinen wir. Oftmals werden wir uns der Geschenke des Lebens an uns erst dann bewusst, wenn wir unsere Werte, unseren Besitz, unsere körperliche Unversehrtheit, unsere (vermeintlichen) Errungenschaften in Gefahr sehen bzw. wenn wir durch äußere Umstände gezwungen werden, das was uns lieb und teuer ist, wieder abzugeben oder uns für immer von etwas oder jemandem zu verabschieden.

Gerne möchte ich hier mit Euch eine kleine Geschichte teilen, an die ich mich vor ein paar Wochen erinnert habe.

Das Leben ist kostbar

Kürzlich bei einem Frühlingsausflug habe ich diese Flechte im Schlosshof Steinach in der Nähe von Straubing gefunden. Bei ihrem Anblick habe ich mich unmittelbar an Mila erinnert, die mir in unserem letzten Wanderurlaub erklärt hat, dass Flechten zu den langlebigsten Lebewesen überhaupt gehören und ein Alter von mehreren hundert Jahren, in Einzelfällen sogar über 4000 Jahre erreichen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich Flechten keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt. Klar, ich kenne sie und registriere sie wenn ich draußen unterwegs bin. Das wars dann aber auch. Bisher.

Doch seit Mila mir mit Ehrfurcht und Bewunderung von diesen kleinsten und langlebigen Lebewesen erzählt hat, betrachte ich sie mit anderen Augen. Sie haben Bedeutung für mich bekommen in diesem letzten unbeschwerten gemeinsamen Familienurlaub mit ihr. Sie muss zu diesem Zeitpunkt schon sehr krank gewesen sein, nur wussten wir es noch nicht.

Dass ein Lebewesen verglichen mit uns Menschen so alt werden kann, ist schon beachtenswert, findet ihr nicht? Vor allem wenn man wie im Falle von Mila das eigene Lebensende vielleicht unbewusst schon vor Augen hatte.

Demut, Ehrfurcht und Hingabe an jede noch so kleine Erscheinung der Schöpfung, an jedes noch so unscheinbare Leben, ist das was Mila mich im Bild dieser Flechte gelehrt hat. Das ist das, was mich das Leben in Milas Sterben gelehrt hat:

Leben ist kostbar!

Ja, Leben ist kostbar. Jedes Leben. In jedem Moment. Nicht erst in dem Augenblick, in dem wir realisieren, dass wir diese Welt wieder verlassen werden. In jedem.